Das Kraftwerk Bille ging bereits durch viele Eigentümer:innenhände und ist seit 2020 in Besitz der Kraftwerk Bille GmbH. Seit Jahren versuchen Investor:innen mit unterschiedlichen Konzepten das denkmalgeschützte Areal zu entwickeln. Seit vielen Jahrzehnten wird es vorrangig durch künstlerische Nutzungen geprägt, die immer wieder in ihrem Fortbestehen bedroht sind. Seit 2015 entwickelt der HALLO: e.V. mit temporären künstlerischen Formaten dauerhafte gemeinschaftliche Raumkonzepte und verhandelt mit dem Konzept WERK mit den aktuellen Eigentümern über den Verkauf eines Gebäudeteils um die kulturellen und sozialen Aktivitäten auch in Zukunft in diesem Raum für das Gemeinwohl zu sichern.
In den Jahren 1898 bis 1901 wurde das Kraftwerk Bille als viertes Kohlekraftwerk der Hamburgischen Electricitäts-Werke in Hamburg errichtet und ging am 15. August 1901 ans Netz. Die Liegenschaft überstand als eines der wenigen Gebäude im Hamburger Osten die Bombenangriffe im Zweiten Weltkrieg und stellt im heute industriell geprägten Stadtteil Hammerbrook ein seltenes historisches Zeugnis dar.
Die Gesamtanlage besteht aus einer Kessel- und Turbinenhalle, einer vormalig als Kohlenlager genutzten Schaltanlage, einem Zählerwerk sowie einem Werkstatt- und Verwaltungsgebäude. Das Kraftwerk Bille ist ein anschauliches Zeugnis der Hamburger Industrie- und Baugeschichte und steht seit 2011 unter Denkmalschutz.
1899-1901
Bau des Kraftwerk Bille auf einem Grundstück zwischen Bullerdeich, Anton-Ree-Weg, Bahndamm und Bille (rd. 16.000 qm) in Hamburg-Hammerbrook als Reaktion auf stark ansteigende Strombedarfe des Freihafengebiets, der Straßenbahnen sowie der direkten Umgebung Hammerbrook. Das ursprüngliche Ensemble besteht aus Kohlenlager, Kesselhalle, Maschinensaal, Accumulatorenraum, Pumpenraum, Gradierwerken mit Pumpenhaus, Werkstätten und einem Verwaltungsgebäude, das auch Wohnungen für die Angestellten bereithält. Vergleichbar mit anderen Versorgungsbauten aus der Zeit wird der Klinkerbau im Stil der Hannoverschen Schule mit reichlichen neo-gotischen Zierelementen versehen gebaut, ist in seinem konkreten Entwurf nahezu eine Kopie der Zentralstation in Barmbek (Arch. Richard Jakobssen, erbaut 1898-1899).
15. August 1901
Das Kraftwerk wird als viertes zentrales Kraftwerk der Hamburgischen Electricitäts-Werke AG (HEW) in Betrieb genommen.
1915
Bau des Wandlerwerks am Bullerdeich, Architekt Theodor Speckbötel. Somit wird das Baufeld zum Bullerdeich hin geschlossen. Der dreigeschossige Bau hält sich mit Zierelementen zurück, verfügt über ein hohes Souterraingeschoss sowie ein ebenfalls dreigeschossiges Walmdach.
1929-1931
Das Kraftwerk wird aufgrund der rasanten Entwicklung der Kraftwerkstechnik und des Strombedarfes in Teilen zum Umformwerk umgebaut. Auf diesem Wege wurde Kohle gespart, indem nur noch in größeren Werken (insbesondere Tiefstack, in Betrieb seit 1916) mit effizienterer Technologie und höherer Leistung Kohle verstromt wurde.
Der Bau wird im Zuge dessen um das neue Wandlerwerk und die Trafohalle mit hoher Tordurchfahrt, alle drei dunkle Klinkerbauten, an westlicher Grundstücksseite am Bahndamm erweitert. Dafür werden Teile des ursprünglichen Kohlenlagers abgerissen. Der architektonische Stil des Wandlerwerks zeichnet sich durch die streng geordnete Fassade mit schmalen, vortretenden Achsen und seine extreme Vertikalität aus. Entwurf: Felix Herold, Chefarchitekt der HEW.
1933
Umbau des alten Wandlerwerks zu einem Zähler(eich)werk durch Arch. Franz Hammerstein. Einrichtung von Werkstätten, Prüf-, Eich- und Messräumen.
1937/38
Umbau des verbliebenen Teils der Kohlenhalle zu einem 25kV-Schalthaus auf dem Grundriss des Kohlenlagers und unter Einbeziehung von Teilen der baulichen Überreste im Erdgeschoss und im Obergeschoss. Abbruch des ursprünglichen Daches und Aufbau des 2. Geschosses, Einbau von rechteckigen Holzfenstern.
1943
Feuersturm über Hamburg durch die „Operation Gomorrha“ der britischen und US-amerikanischen Luftwaffe. Große Teile Hamburgs, insbesondere des Ostens, werden komplett zerstört. Im Kraftwerk Bille tragen Maschinen- und Turbinenhalle, die Schlote des Kesselhauses, das 25kV-Schalthaus, das Walmdach des Zählerwerks sowie die oberen beiden Geschosse samt Dach des Verwaltungsgebäudes starke Schäden davon. Dennoch bleiben das Heizwerk, Umspann- und Unterwerk sowie Zählerwerk im Betrieb.
1951
Wiederaufbau des 25 kV-Schalthauses
1955
Beginn der Nachnutzung. Es siedeln sich ab den 1970er Jahren unterschiedliche kleine Betriebe an, u.a. Künstlerateliers, Lagerflächen, Fotostudios an.
2006
Sanierung der Turbinen- und Maschinenhalle durch Vattenfall. Im südlichen Teil, der ehemaligen Turbinenhalle, wird nach wie vor ein Wärmeumformwerk betrieben, das Fernwärme aus Tiefstack druckreduziert und dabei Strom produziert.
2011
Das Kraftwerk Bille wird als Zeugnis der Hamburger Industriegeschichte unter Denkmalschutz gestellt.
2015
Beginn der Aktivitäten des HALLO: e.V.
2015
Verkauf des Kraftwerk Bille, ausgenommen Maschinen- & Turbinenhalle, an die MIB AG. Neue Eigentümerin ist die Kraftwerk Bille MIB GmbH.
2016
Beginn der Nutzung des Eckgebäudes am Bullerdeich als Schaltzentrale, experimentelles Stadtteilbureau durch HALLO: e.V.
2018
Prototyp eines Wasserzugangs am Kraftwerk Bille im Rahmen der HALLO: Festspiele, in Zusammenarbeit mit HafenCity Universität, blackSchwarz, Amelie Rost u.v.m.
2018
Konzeptentwicklung WERK, Haus Neuer Arbeit für das Zählerwerk durch HALLO: e.V.
2020
Verkauf der Eigentümergesellschaft Kraftwerk Bille Hamburg GmbH
2021
Zusage der Bundesförderung Nationale Projekte des Städtebaus für WERK, Haus Neuer Arbeit durch HALLO: e.V. in Zusammenarbeit mit Bezirk HH-Mitte und Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen
Verhandlungen zwischen Eigentümern, HALLO: e.V. und Stadtvertreter:innen über Verkauf eines Gebäudeteils des Kraftwerk Bille