Seit dem frühen Mittelalter gibt es in fast jedem Dorf eine Allmende als Gemeinschaftsvermögen, an dem jede:r Dorfbewohner:in ein Nutzungsrecht hat. Voraussetzung für die Anfänge kapitalistischer Märkte ist die Einhegung der Allmende, die sogenannten “Enclosure of the Commons”. Der vormals gemeinschaftlich genutzte Boden wird parzelliert, eingezäunt und privatisiert.
Aneignung bezeichnet die Inbesitznahme von materiellen oder immateriellen Ressourcen. Dies können Räume, Orte, Materialitäten oder Diskurse, Wissen und Machtverhältnisse sein. Aneignung ist eine Handlung in der sich eine Person oder eine Gruppe selbst ermächtigt über Art und Weise des Gebrauchs einer Ressource zu bestimmen.
“Bestand” bezeichnet das zeitliche Bestehen einer Sache. “Mit dem Bestand arbeiten” meint in diesem Sinne vorhandene – bauliche, soziale, ökologische – Bestände als Ausgangspunkt für zukünftige Gestaltungen und Entwicklungen zu verstehen. Vorhandene Strukturen werden nicht einfach ausradiert und durch neue ersetzt, sondern bilden die Grundlage für Weiterentwicklungen.
Versteckte Symbole, informelle Übereinkünfte, Alltagsrituale, Regelwerke und Betriebssysteme, Geschichten aus vergangenen Zeiten und Visionen für mögliche Zukünfte. Städtische Räume sind überlagert von unterschiedlichen Texturen. Wie Codes, können diese Texturen in der gemeinsamen Erforschung dechiffriert werden: Was also ist der spezifische Code des Bille-Raums?
Die Geschichte des Begriffs “common space” geht zurück auf die Traditionen der Allmende im 16.- 18. Jahrhundert. Heute taucht der Begriff Commons (wieder) in einer Vielzahl von Kontexten auf. Elinor Ostrom erhält 2009 den Nobelpreis für ihre Analyse über Gemeinschaftseigentümer; Creative Commons beziehen sich auf die gemeinsame Nutzung von onlinebasierten Daten; und insbesondere in stadtpolitischen Kontexten wird das Konzept der Commons immer häufiger verwendet. Common Space ist ein Produkt kollektiver Praktiken: Beziehungen, Regeln und Nutzungen werden kontinuierlich verhandelt und stellen Orte des Gemeinschaffens her. Diese fortwährenden Akte der Herstellung werden als “Commoning” bezeichnet.
Counter-archives sind “ein unvollständiger und instabiler Aufbewahrungsort, eine Einheit, die durch klandestine, versteckte Handlungen angefochten und erweitert werden muss, ein Raum der Unbeständigkeit und des Spiels”, während das counter-archive in der Praxis “Unfug (mischief) und Phantasie mit sich bringt und die Aufzeichnung der offiziellen Geschichte herausfordert.” (PUBLIC Journal: Art Culture Ideas #57: Archive/Counter-Archives)
Die Methode “critical mapping” gehört zum Werkzeugkoffer kritischer Raumforschung und -gestaltung. Anders als traditionelles Plan- und Kartenmaterial konzentriert sich das critical mapping auf meso und mikro Maßstäbe. Neben Sounds, Nutzungen, Akteur:innen oder Rhythmen, können auch Regelwerke, informelle Absprachen oder Konflikte gemappt werden.
Juristisch umfasst der Begriff Eigentum das umfassende Besitz-, Verfügungs- und Nutzungsrecht über eine Sache, z.B. ein Grundstück oder Gebäude. Im Unterschied zu Eigentum, als rechtliche Zuordnung, ist der Besitz die tatsächliche Herrschaft einer Person über eine Sache. Praktisch und rechtlich wird Eigentum in privat/öffentlich unterschieden. In der Realität existieren jedoch eine Vielzahl unterschiedlicher – kollektiver – Eigentumsformen. Neben juristischen Eigentumstiteln erweitern (in)formelle Nutzungen, Aneignungen, und Gewohnheitsrechte die Unterscheidung öffentlich/privat um eine dritte Dimension: städtische Gemeingüter.
Im Mittelpunkt explorativer Forschung steht die Erkundung des Raums. Der eigene Körper ist fester Bestandteil dieser Forschungsmethode: Wie hört sich der Ort an, welche Menschen und Tiere begegnen mir, welche Atmosphäre herrscht bei Tag und bei Nacht? Zum methodischen Werkzeugkasten gehören Kartierungen und Soundscapes ebenso wie Interviews und Wahrnehmungsspaziergänge.
Gemeingüter sind weder öffentlich noch privat, gehören niemandem und zugleich allen. Ihr oberstes Credo ist die Zugänglichkeit. Die Stadt als Gemeingut zu begreifen, heißt ihre Bewohner:innen als Koproduzent:innen ernst zu nehmen. An der Bille zeigt sich, dass neben der Raumressource Land auch das Wasser ein wichtiges Gemeingut ist.
Gemeinwohlinteressen werden im Gegensatz zu Einzelinteressen definiert. Eine gemeinwohlorientierte Stadt- oder Projektentwicklung forciert nicht die ökonomische Rendite, sondern produziert einen sozialen und/oder ökologischen Mehrwert, der einer Vielzahl an Stadtbewohner:innen zugute kommt. Langfristige Nutzungen und die Beteiligung verschiedener Akteurskonstellationen sind eng mit dem Gedanken der Gemeinwohlorientierung verknüpft. Eine allgemeingültige Definition für wen oder was das Gemeinwohl gilt, existiert nicht. Der Begriff fordert fortwährende Aushandlungsprozesse über die sozialen, ökologischen und ökonomischen Dimensionen des Gemeinwohls.
Humanities sind jene akademische Disziplinen, die sich mit der Erforschung menschlicher Gesellschaften und Kulturen befassen. Im 21. Jahrhundert bilden urbane Räume die Lebens- und Organisationsform nahezu aller menschlichen Gesellschaften. Die Methodologien und Theorien der Humanities befähigen dazu, die Funktionsweisen urbaner Raumproduktion zu verstehen und für die Weiterentwicklung urbaner Zukünfte nutzbar zu machen.
Die Stadt ist in ihrem Wesen koproduziert: Soziale, wirtschaftliche, politische, kulturelle Praktiken produzieren das Städtische kontinuierlich. Diesem Verständnis folgend, sind Stadtbewohner:innen ebenso Produzent:innen der Stadt, wie Politiker:innen, (Stadt)Planer:innen oder Architekt:innen. In einer koproduzierten (Stadt)Planung gehen Zivilgesellschaft, Politik und Verwaltung eine Kooperation ein, um gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten.
Kritische Stadtforschung betont die bestehenden Verhältnisse hinterfragende Positionierung der Forschenden, die mittels kritischer Theorien und Methoden die Produktionsbedingungen, Mechanismen, und Funktionsweisen urbaner Phänomene in der gegenwärtigen kapitalistischen Gesellschaft untersuchen.
Die Kooperation und das “voneinander Lernen” sind wesentlicher Ausgangspunkt im Selbstverständnis einer gemeinwohlorientierten Stadtentwicklung. Was sind die spezifischen Qualitäten vor Ort? Was können wir von Orten und ihren spezifischen Zusammensetzungen lernen? Die gemeinsame Wissensproduktion steht hier im Vordergrund.
“War früher Nachbarschaft eher eine räumliche Tatsache, die sich sozial organisieren musste, so beruht sie heute eher auf sozialer Nähe, die sich räumlich organisiert.” (Häußermann, Siebel 2004: 114)
Aktionsforschung die versucht die bestehnden Diskruse und Problembeschreibungen in einer Gruppe aufgreift und diese zielgerichtet weiterentwickelt und formuliert bezeichnen wir als parteiische Aktionsforschung. Eine Definition für Aktionsfoschung auf die wir uns beziehen lautet: „Die Forscher:innen treten [erstens] nicht punktuell in eine Situation ein, um Meinungen
zu erfragen, sondern sie nehmen über einen längeren Zeitraum begleitend an einem sozialen Prozess teil und helfen, ihn voranzutreiben; sie arbeiten zweitens nicht mit sozial isolierten Individuen, sondern mit Gruppen in deren gesellschaftlichen Bezügen, und sie informieren drittens diese Gruppen nicht nur über Ziel und Zweck der Untersuchungen, sondern beteiligen sie auswertend an der Einschätzung der Forschungsergebnisse.“ (FB Sozialpädagogik der Pädagogischen Hochschule Berlin, 1972:65)
Beteiligungs- und Mitwirkungsprozesse zu öffnen, ist Ausgangspunkt und Haltung partizipativer Architektur. Stadtbewohne:innen werden nicht als passive Konsument:innen, sondern als aktive Produzent:innen ihrer Umwelt begriffen. Mittels kooperativer Forschungs- und Entwurfsverfahren ( → z.B. Wunschproduktion) arbeiten beteiligte Akteur:innen gemeinsam und aktiv an Gestaltungsprozessen.
Der kritische Urbanist Henri Lefebvre hat das “Recht auf Stadt” vor über 50 Jahren in Paris gefordert. Heute schallt es noch immer weltweit in den Straßen der Metropolen. Im “Recht auf Stadt” verbirgt sich die Vorstellung einer auf Gleichheit, Teilhabe und Gerechtigkeit basierenden aktiven (Stadt)Gesellschaft.
Soundscapes – im deutschen “Klanglandschaft” – bezeichnet die akustische Landschaft eines Raumes. Mit den Ohren sehen: Klanglandschaften erzählen von zeitlichen Rhythmen, Gebräuchen und Atmosphären.
Raum als soziales Produkt? Raum ist niemals einfach nur da. Beziehungen sozialer, wirtschaftlicher, politischer und kultureller Praktiken erzeugen und reproduzieren Raum. Somit existiert auch der städtischer Raum nicht von selbst, sondern wird kontinuierlich hergestellt von Menschen und ihren Beziehungen, Diskursen und Leitbildern, ökonomischen Kräften, alltäglichen Praktiken…
Das Konzept “Unlearning” verlässt die Pfade erlernten Wissens und begibt sich auf vermeintlich unsicheres Terrain. Bisherige Sicht- und Arbeitsweisen werden hinterfragt und durch bisher unbekannte Perspektiven und Methoden erweitert.
Die funktionale Trennung von Stadt und Land ist längst passé: Das Land ist urban und die Stadt rural. Städtische Ränder, Peripherien und Industrielandschaften verlangen nach neuen Raumverständnissen und Gestaltungsansätzen für sich verändernde städtische Organisationsformen. In diesem Sinne vereint der Begriff “Urbane Landschaften” die Vielschichtigkeit aus Landschaften, Infrastrukturen und Qualitäten.
Anstatt Wasser von seiner Rückseite (technische Infrastruktur) her zu begreifen, fokussiert “Wasser als soziale Infrastruktur” auf den Gebrauchswert der Ressource Wasser. Wasserräume sind in diesem Sinne Ermöglicher von menschlichen und nicht-menschlichen Beziehungen und werden zugleich von ihnen hergestellt. Die Perspektive vom Wasser aus erfährt in Planungsverfahren nur wenig Beachtung, umso wichtiger erscheint es, vom Wasser zu lernen.
Die Idee einer kollektiven Wunschproduktion geht auf das Nachbarschaftsprojekt “Park Fiction” in Hamburg zurück. Mit dem Planungstool “Wunschproduktion” werden – in einem spielerischen und kollektiven Beteiligungsprozess – gemeinsame Visionen und Bedürfnisse für einen Ort ko-produziert. Zum Werkzeugkoffer einer Wunschproduktion gehören Testnutzungen, Grillfeste und Knetmodelle ebenso wie direkte Vor-Ort Kontakte um ins Gespräch zu kommen und dabei auch weniger beteiligungsnahe Gruppen zu erreichen.